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Kapitel
7. Dominus Doso und der Freibrief für den Hamburger Hafen
eil
Graf Adolf III. viele Bauernritter für ihre Kollaboration mit
Heinrich dem Löwen bestrafen wollte, sind viele Betroffene
zumindest zeitweise nach Norden abgewandert.
Der
Graf agierte zunächst politisch geschickt. Die Gunst der Hamburger
hatte er beispielsweise gewonnen, indem er ihnen am 24. Dezember
1190 das schönste denkbare Weihnachtsgeschenk machte. Er teilte
dem Rat der Stadt mit, dass Kaiser Friedrich Barbarossa der Stadt
Hamburg am 7. Mai 1189 einen Freibrief über einen Freihafen
erteilt habe. Der
Kaiser soll, so erklärte er, die Urkunde in Neuburg an der
Donau zwar selbst unterschrieben haben, doch das kostbare Pergament
sei ihm während der turbulenten Ereignisse der letzten Monate
abhanden gekommen. Die Hamburger dankten es ihm, und noch heute
wird Graf Adolf III. als eigentlicher Begründer des neuen Hamburgs
bezeichnet.(1)
Auch
der neue Kaiser Heinrich VI. (1190 - 1197), Sohn
von Friedrich Barbarossa, zeigte sich Adolf III. für sein Engagement
gegenüber Heinrich dem Löwen erkenntlich. Er belehnte
ihn 1193 zusätzlich mit der Grafschaft Dithmarschen. Damit
war allerdings nur für kurze Zeit Nordelbien bis zur Eider
in einer Hand. 1197 nahm Adolf III. am Vierten Kreuzzug teil und
musste dabei erneut erleben, dass sein Kaiser noch vor dem Ziel
verstarb. Daraufhin kam es 1198 zur Wahl von zwei Königen,
einem Staufer und einem Welfen, was eine Schwächung des Deutschen
Reiches zur Folge hatte.(2)
In
dieser Situation begann Adolf III. eine große politische Dummheit.
Weil Otto von Braunschweig ihm seinerzeit unterstützt hatte,
Hamburg und Holstein von Heinrich dem Löwen zurückzugewinnen,
half er Otto im Jahr 1200 bei einem Einfall in dänisch besetztes
Slawenland. Er übersah jedoch sehr wichtige Tatsachen: Dänemark
entwickelte sich gerade zu einem sehr mächtigen Staat und aus
dem Reich war wegen der Konflikte um den Gegenkaiser keine Hilfe
zu erwarten. Außerdem warteten viele ehemalige Gefolgsleute
von Heinrich dem Löwen auf die Stunde der Rache oder zumindest
auf eine Rückkehr in ihre Heimat.(3)
Die
Opposition kam zum Zuge, als die Dänen 1201 zum Großangriff
auf Holstein antraten. Sie schlugen Adolf III. bei Kellinghusen
und besetzten das ganze Gebiet mit Lübeck und Hamburg. Der
Graf musste das Land für immer verlassen. Der dänische
König setzte seinen Neffen, den Thüringer Albrecht von
Orlamünde, als Grafen ein und auch die emigrierte holsteinische
Führung kam mit Timmo als neuen Overboden, ein Verwandter des
verstorbenen Marcrad II., wieder zu Ehren. Er erhielt jedoch nur
eingeschränkte Rechte.
Die
Vermutung liegt nahe, dass die holsteinische Führungsschicht,
die sich dem Dänenkönig angeschlossen hatte, um den Ausbau
der schauenburgischen Landeshoheit in Holstein zu verhindern, durch
die ebenfalls zielstrebige, landesherrschaftliche Politik Albrechts
von Orlamünde ernüchtert wurde. Nach dem vermutlichen
Aussterben der Overbodenfamilie der Marcrads, setzte Albrecht zunehmend
auf eingewanderte, südelbische Adelige.(4)
Zudem drohte Nordelbien vom Deutsch-Römischen Reich abzubrechen
und dänische Provinz zu werden. Es ist aus jener Zeit bekannt,
dass Ähnliches nördlich der Elbe erörtert wurde.
Die Holsten riefen wahrscheinlich aus diesen Gründen und als
kleineres Übel den Sohn von Adolfs III., Adolf IV.
(1225 - 1239, gestorben 1261), ins Land. Ihm gelang es 1227 in der
Schlacht von Bornhöved die Dänenherrschaft über die
Ostseeküste zu brechen.
Die
Darstellung der Ereignisse wäre jedoch sehr unvollständig,
wenn nicht erwähnt werden würde, dass sich bei dieser
Schlacht vornehmlich deutsche Fürsten gegenüberstanden:
Auf dänischer Seite der Herzog von Braunschweig und Herzog
Abel von Schleswig und im Heer von Adolf IV. der Graf Heinrich von
Sachsen, der Erzbischof Gerhard von Bremen und in der Reserve ein
Kontingent des Wendenfürsten Burwin.(5)
Die
Nachfahren der Dasoniden werden zu dem Kreis der Holsten gehört
haben, die Adolf IV aus dem Exil gerufen haben. Der Beleg dafür
ist relativ eindeutig: Im Register der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen
Regesten wird Daso de Ennigge mit "o" also Doso de Ennigge
geschrieben. Ihm wird der Ritteranführer dominus Doso zugeordnet.
Er erscheint in der Zeugenliste der ersten Urkunde von Adolf IV.
aus dem Jahr 1225 hinter dominus Oddo de Store. In der Urkunde geht
es darum, dass Adolf IV., Graf von Wagrien, Stormarn, Holstein und
Schauenburg der Stadt Hamburg die ihr von Friedrich Barbarossa und
Graf Adolf III. verliehenen Privilegien bezüglich eines Freihafens
bestätigt.(6)
- Vgl.
Erik Verg, Das Abenteuer das Hamburg heißt, Hamburg, 1990,
S. 16
- Vgl.
Edward Hoop, Geschichte der Stadt Rendsburg, Rendsburg, 1989,
S. 29 - 31
- Vgl.
Erik Verg, Das Abenteuer das Hamburg heißt, Hamburg, 1990,
S. 20
- Vgl.
E. Hoffmann, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische
Geschichte, Neumünster, Bd. 100, 1975, S. 39 - 52
- Vgl.
Irmtraut Engling, Das Neumünster-Buch, Neumünster, 1985,
S. 36
- Vgl.
E. Hoffmann, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische
Geschichte, Neumünster, Bd. 100, 1975, S. 53 und P. Hasse,
Schleswig-Holstein-Lauenburgische Regesten und Urkunden, Bd. 1,
Neumünster,
1896, Nr. 438
Aus der Vision des Bauern Gottschalks ist bekannt, dass die Dasoniden
ihren Familiennamen von Daso de Ennigge angenommen haben. Der
Name hat sich vermutlich nach einem Ortswechsel von Daso in Doso
geändert. Denn mitten durch das Kirchspiel Nortorf verlief
eine Dialektgrenze. Im Westen wurde das reine "o", wie
"de Koh" (die Kuh) gesprochen, östlich hingegen
diphtonisch "de Kau". Vgl hierzu: Heinz Ramm, Landschaft,
Großkirchspiel und Burgvogtei, Diss. Hamburg, 1952, S. 70
Zudem wurden Personenname auf vielfältige weisen geschrieben.
Ein schönes Beispiel hierfür bieten Ritter Dose Block
mit seinem gleichnamigen Sohn aus dem Dorf Braak bei Neumünster.
Sie werden in 27 Urkunden erwähnt. Hier die Schreibweisen
ihrer Namen in chronologischer Folge:
1310 Doso block, 1315 her Dose Blok, 1315 har doso blok, 1316
her dose blok, 1317 dose Bloc, 1318 her doso blok, 1320 militi
domino Dosoni, 1320 milites Doso dictus bloc, 1321 her doso blok,
1322 Doso dictus bloc, 1323 her doso blok, 1325 hern dosen blokke,
1326 doso bloch, 1326 Doso bloch, 1328 Dosonis bloc, 1329 her
dosen blocke, 1330 dosone dicto blok, 1330 dose Bloc, 1331 her
dose bloc, 1331 Dominum dosonem bloc, 1332 Hern Dosen Blockes,
1333 Dosonem dictum bloch, 1339 dosoni blok, 1340 Dosonis Bloc,
1350 Dose Bloc, 1351 Dosen bruderen, de Bloc, 1371 Ich Dose Bloc,
Dosen Blockes sone.
Vgl. hierzu: P. Hasse, Schleswig-Holstein-Lauenburgische Regesten
und Urkunden, Neumünster, 1896/1921/24, Bd. 3, 224, 319,
323, 329, 347, 370, 419, 423,449, 481, 526, 556, 582, Anm. 1.,
592, 664, 692, 729, 736, 744, 745, 787, 811, 1016, 1080, Bd. 4,
Nr. 447, 484, 1426
Dose bedeutete als eigenständiges Wort Moor oder genauer
hellfarbige Moosschicht auf Torfmooren. Diese Wortbedeutung ist
jedoch nicht mehr in Schleswig-Holstein, sondern nur noch in Ostfriesland
lebendig. Vgl. hierzu: Antje Schmitz, Die Orts- und Gewässernamen
des Kreises Plön, Neumünster, 1986, S. 46
- Zur
Heraldik: Vgl. C. J. Milde, Holsteinische und Lauenburgische Siegel
des Mittelalters, Lübeck, 1859, Heft II, S. 31 und Heft III,
S. 58
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